Die Residenzwoche München für Alte Musik beginnt

Französisch oder Italienisch?

Die Residenzwoche München für Alte Musik beginnt vielversprechend mit dem spanischen Ensemble Orquesta Barroca de Sevilla und Friederike Heumann

Von Robert Jungwirth

(12. Oktober 2024) Die Alte Musik hat es nicht leicht in München. Das leise Zirpen der Darmsaiten verschafft sich scheint’s nur schwer Gehör gegen das krachlederne Auftrumpfen symphonischen Getöses. Mahler, Bruckner, Strauss und Wagner – immer gern, aber Lasso, Telemann oder Frescobaldi? Dabei bietet Münchens Historie viele Anküpfungspunkte für die Musik vor 1770. Die Münchner Hofkapelle wurde 1523 gegründet. Sie galt als eine der besten ihrer Zeit.
Man kann nur froh sein, dass es der Verwaltung der Schlösser und Seen gelingt, mit der Residenzwoche einmal im Jahr ein Festival auf die Beine zu stellen, das der Alten Musik zu Ihrem Recht verhilft und diese Musik noch dazu in einen Kontext und Dialog mit der Architektur der Münchner Residenz und anderer historischer Bauten stellt. Eine wunderbare und im Musikleben der Stadt nicht wegzudenkende Initiative, für die man nicht dankbar genug sein kann.

Das von der renommierten Alte-Musk-Expertin und Gambistin Friederike Heumann und Stefan Steinemann kuratierte 11-tägige Programm bot zu Beginn der diesjährigen Ausgabe ein Barockprogramm im Kaisersaal der Residenz. Heumann selbst spielte hochvirtuose Gamben-Suiten von Telemann zusammen mit dem hochklassigen Ensemble Orquesta Barroca de Sevilla unter der Leitung des Geigers Ignacio Ramal. In der klaren, wunderbar beweglichen und prägnanten Musizierweise der Spanier konnte man sehr schön die stilistischen Unterschiede zwischen Telemann und seinen italienischen Kollegen Vivaldi oder Tartini hören. In seiner Suite in D-Dur für Viola da gamba, Streicher und Basso Continuo kamen neben italienischen noch mehr französische Einflüsse zur Geltung – vor allem in den Tanzsätzen, die nach französischem Vorbild gestaltet sind.

Die konzentrierte Klanglichkeit, die Feinheit der Linienführung und technische Brillanz der Musikerinnen und Musiker aus Spanien passte ideal zu Heumanns unspektakulärer, aber nicht minder verblüffender Virtuosität.

Man muss aber vielleicht zugeben, dass der rhythmisierte Spielwitz in Vivaldis Sinfonie in D-Dur für Streicher oder das Concerto a quattro da chiesa in g von Evaristo Felice dall’Abaco, der als Cellist und Konzertmeister auch in der Münchner Hofkapelle gewirkt hat, noch ein wenig charmanter klingt, Klangsinnlichkeit und spielerische Originalität noch ein wenig ausgeprägter sind. Das Ensemble aus Sevilla beeindruckte bei allen Komponisten gleichermaßen und empfahl sich als eines der zur Zeit herausragendsten Orchester für diese Musik. Bitte gerne wieder bei einer Residenzwoche – oder auch außerhalb…

Die Residenzwoche dauert noch bis zum 20. Oktober. Das Programm finden Sie unter www.residenzwoche.de

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